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Nach einem langen und anstrengenden Arbeitstag in meiner Praxis fühle ich mich ein wenig geschlaucht. Obwohl die Arbeit als Psychotherapeutin sehr erfüllend sein kann, ist sie eben auch anspruchsvoll und ich merke, wie sich die Müdigkeit in mir ausbreitet. Ich lasse mich mit einer Tasse Tee in meinen Sessel sinken und merke, wie ich etwas mehr zur Ruhe komme. Ich öffne meinen Laptop, logge mich ein und starte die psychotherapeutische Intervision in meiner Online-Gruppe.

Wie vereinbart, darf ich heute eine Patientin präsentieren, die mich schon seit einer Weile nichtmehr loslässt. Ich weiß, dass ich in der Gruppe eine wertvolle Unterstützung finde. Die Vorfreude darauf, dass sie mir mit ihrer Expertise und ihrem Einfühlungsvermögen zur Seite steht, lässt meine Müdigkeit langsam verblassen.

Die Gruppe besteht aus vier Kolleg:innen aus verschiedenen Richtlinienverfahren, die ich bereits seit einigen Jahren kenne und schätze. Trotz der räumlichen Distanz spüre ich die Verbundenheit und den starken Wunsch nach gegenseitiger Unterstützung. Nach einer herzlichen Begrüßung beginne ich, meinen Fall vorzustellen. Es ist schnell vergessen, dass wir vor unseren Laptops sitzen und irgendwie fühle ich mich, als wären wir in einem Raum. Ich erzähle von der Patientin, die trotz guter Fortschritte in der Therapie immer wieder von Ängsten und Zweifeln heimgesucht wird. Ich frage mich, wie ich sie dabei unterstützen kann, diese inneren Hindernisse zu überwinden und ihre positiven Veränderungen wahrzunehmen und zu festigen. Schnell merke ich, dass meine Kolleg:innen wirklich engagiert sind und mit großem Interesse an meinem Fall teilnehmen. Jeder bringt seine eigenen Erfahrungen und Ideen ein, und so entsteht eine lebendige Diskussion. Die Atmosphäre ist von Offenheit und Vertrauen geprägt, was es mir leichter macht, auch meine Unsicherheiten und Zweifel zu teilen. Während der Diskussion werden verschiedene therapeutische Ansätze beleuchtet und es wird deutlich, dass es nicht nur “eine richtige Lösung” gibt. Die Kolleg:innen stellen mir gezielte Fragen, die mich dazu bringen, meine Patientin und meine therapeutische Herangehensweise noch genauer zu reflektieren.

Die Zeit vergeht wie im Flug, und nach anderthalb Stunden sind wir noch lange nicht am Ende der Diskussion angelangt. Aber trotzdem kann ich bereits das Gefühl von Erleichterung und Zufriedenheit in mir spüren. Die psychotherapeutische Intervision hat mir nicht nur neue Erkenntnisse gebracht, sondern auch das Gefühl, dass ich mit meinen Herausforderungen nicht allein dastehe. Wir verabreden uns für den nächsten Monat und ich verlasse das Intervisionsportal mit einem guten Gefühl. Die rege Diskussion und der Austausch mit meinen Kolleg:innen haben meine therapeutische Arbeit bereichert und mir neue Inspiration gegeben.*

*Dies ist ein fiktives Beispiel. Alle Rahmenhandlungen sind ausgedacht.

Sabine

Psychotherapeutin i. A.